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Strategischer Einkauf bei Banken: Die Milliarden-Euro-Chance
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Auf einen Blick
  • Banken können ihre Sachkosten mit einem strategischen Einkauf und der Bündelung von Beschaffungskompetenzen sowie -budgets binnen 18 Monaten um 8 bis 12 Prozent senken.
  • Branchenweit ergeben sich für Deutschland und die Schweiz Einsparpotenziale von einmalig rund fünf Milliarden Euro sowie jährlich rund zwei Milliarden Euro.
  • Digitale Tools, erweiterte Beschaffungskonzepte und ein neues Rollenverständnis des Einkaufs erleichtern die Umstellung. Den Erfolg gewährleistet eine praxiserprobte agile Vorgehensweise.

Der Einkauf fristet bei Banken vielerorts ein Schattendasein. Denn anders als im produzierenden Gewerbe oder im Handel ist er dort kein integraler Bestandteil der Wertschöpfungskette. Dabei sind auch bei Finanzdienstleistern 35 bis 45 Prozent der Gesamtkosten einkaufsrelevant. Wer seine Beschaffung entsprechend ausrichtet, kann nach Erfahrung von Bain je nach Institutstyp und Ausgangslage innerhalb von eineinhalb Jahren 8 bis 12 Prozent dieser Sachkosten einsparen. Bei Firmenwagen, Post und Kreativagenturen liegt das Einsparpotenzial zumeist im einstelligen Prozentbereich, bei IT-Services, Veranstaltungen und Bürobedarf bewegt es sich bei 30
Prozent und mehr (Abbildung).

In absoluten Zahlen kommen besagte 8 bis 12 Prozent in der Bankenlandschaft in Deutschland und der Schweiz einmalig rund fünf Milliarden Euro gleich. Nach den 18 Monaten summieren sich die Einsparungen auf 3 bis 4 Prozent der einkaufsrelevanten Kosten, was etwa zwei Milliarden Euro jährlich ausmacht.

Gerade Deutschlands Banken würden solche Einsparungen gut ins Konzept passen. Zwar geht branchenweit die Restrukturierung mit Filialschließungen und Standortzusammenlegungen voran und umfassende Transformationsprogramme sind gang und gäbe. Doch ungeachtet dessen steigt die Verwaltungskostenquote weiter. Im Jahr 2020 belief sie sich auf 36 Prozent, 2014 waren es 33 Prozent. Die hohen Kosten belasten nicht nur die Rentabilität, sondern engen auch die Spielräume für die erforderlichen Investitionen vor allem in digitale Kundenerlebnisse ein.

Mehr Handlungsbedarf durch die Pandemie

Durch die Corona-Krise steigt der Handlungs- und Investitionsbedarf noch einmal. Denn das Kundenverhalten verändert sich im Zuge der Pandemie deutlich schneller. Laut einer aktuellen Bain-Studie bevorzugen im Retail-Banking mittlerweile bis zu drei Viertel der Kontoinhaberinnen und Kontoinhaber digitale Kanäle auch bei Beratung und Abschluss. Zugleich machen Wettbewerber wie PayPal den Kreditinstituten zunehmend die Kundenschnittstelle streitig.

Neben diesem disruptiven Wandel zeichnet sich schon heute eine weitere Herausforderung ab. So wird in der Post-Corona-Welt eine andere Kostenstruktur vonnöten sein. Redundanzen insbesondere in der IT erhalten einen noch höheren Stellenwert und erfordern zusätzliche Investitionen. Zudem sollten Lieferantenverträge künftig etwaige Nachfrageschwankungen berücksichtigen, ohne dass die Preise zu stark variieren.

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Einkaufsmacht nutzen

Bisher tendieren Banken dazu, den jeweiligen Fachabteilungen die erforderlichen einkaufsbezogenen Umstellungen zu überlassen. Doch damit geben sie die Vorteile eines strategischen Einkaufs und der Zusammenführung von Beschaffungskompetenz und -budgets aus der Hand. Volumenbündelung gegenüber Lieferanten ist ein wesentlicher Einkaufshebel, der durch einen fragmentierten und wenig koordinierten Einkauf weitgehend verloren geht.

Die Chancen für einen Neuanfang im Einkauf sind derzeit besser denn je. Dafür gibt es drei Gründe:

  • Kostentransparenz durch digitale Tools. Bislang war es nur schwer möglich, einzelne Kostenarten detailliert zu analysieren und sich so systematisch über alle Abteilungen hinweg auf Lieferantengespräche vorzubereiten. Nun übernehmen Algorithmen die Klassifizierung von Kosten und bringen Banken in eine bessere Verhandlungsposition.
  • Optimierung über den Einkaufspreis hinaus. Neue Konzepte in der Beschaffung beschränken sich nicht nur auf Preisverhandlungen. Vielmehr lassen sich damit auch Ausgaben hinterfragen. Somit bieten sie einen strategischen Mehrwert.
  • Neue strategische Rolle. Branchenübergreifend verändert sich die Rolle des Einkaufs. Aus einer reinen Beschaffungsfunktion wird ein Bereich, der für die Realisierung von Kosten- und Wettbewerbsvorteilen verantwortlich ist.

Der Einkauf der Zukunft schafft Transparenz bei den Kosten. Er weiß um die Hebel für die systematische Optimierung jeder Materialgruppe und kennt Möglichkeiten, bei unvorhergesehenen Ereignissen beispielsweise Bestellvolumina flexibel anzupassen. Voraussetzung dafür ist eine moderne Einkaufsorganisation, die sämtliche Fachbereiche einbezieht und für klare Verantwortlichkeiten sorgt. Führende Banken haben bereits eine solche Beschaffung aufgebaut und sich damit in puncto Kosten und Wettbewerb einen Vorsprung erarbeitet.

Der Einkauf der Zukunft schafft Transparenz bei den Kosten. Er weiß um die Hebel für die systematische Optimierung jeder Materialgruppe und kennt Möglichkeiten, bei unvorhergesehenen Ereignissen beispielsweise Bestellvolumina flexibel anzupassen.

Mit agilem Sprintkonzept punkten

Mittelfristig ist es für jedes Kreditinstitut unerlässlich, sich in diese Richtung zu entwickeln. Doch kurzfristig brennt der Branche die Frage auf den Nägeln, wie sich die skizzierten Einsparungen hier und heute realisieren lassen. Die Antwort lautet: mithilfe eines praxiserprobten agilen Sprintkonzepts. Dabei werden im Rahmen des sogenannten „Buy Better & Spend Better“-Ansatzes Kosteneinsparpotenziale systematisch identifiziert und gehoben.

In der ersten Sprintetappe, also der ungefähr sechswöchigen Diagnosephase, ermitteln Einkaufsteams das volle Einsparpotenzial einer Bank. Zunächst schaffen sie Ausgabentransparenz, indem sie die bestehenden Kosten systematisieren und einheitlich darstellen. Dies erleichtert es, nachfolgend geeignete Maßnahmen zu treffen und zu priorisieren. In der Diagnosephase werden die erkannten Einsparpotenziale mit der vorhandenen GuV-Logik verzahnt, sodass sich Fortschritte in dem bestehenden Zahlengerüst einfach erfassen und messen lassen.

Danach treiben abteilungsübergreifende Teams mit klaren Verantwortlichkeiten die Umsetzung voran. Dies geht typischerweise über einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten, wobei sich jeder Sprint in kleinere Arbeitsschritte unterteilt. In Bain-Projekten werden die anvisierten Einsparziele häufig sogar übertroffen.

Kostenstruktur an die Nach-Corona-Zeit anpassen

Noch unterschätzen viele Banken die Einsparpotenziale, die sich aus einer strategischen Ausrichtung ihres Einkaufs ergeben. Dabei ist es in der Praxis durchaus machbar, die einkaufsrelevanten Kosten in einer Größenordnung von 8 bis 12 Prozent zu senken. Darüber hinaus kann ein strategischer Einkauf entscheidend dazu beitragen, die Kostenstruktur der Banken auf die Post-Corona-Welt auszurichten. Von daher wäre es nahezu fahrlässig, diese Milliarden-Euro-Chance zu verpassen.

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