Pressemitteilung
- Anteil umsatzgetriebener Scope-Deals steigt 2019 auf nahezu 60 Prozent
- Gesamtvolumen strategischer M&A-Transaktionen erreicht mit 3,4 Billionen US-Dollar dritthöchsten Wert der vergangenen 20 Jahre
- Unternehmen investieren in neue Fähigkeiten und wachstumsstarke Geschäftsfelder
- Verschärfte Regulierung erschwert Übernahmen weltweit
- Unternehmen müssen M&A-Strategien konsequent weiterentwickeln
Mobile Commerce, Internet der Dinge oder personalisierte Medizin: Um die disruptiven Veränderungen in ihrer Branche bewältigen und Wachstumschancen nutzen zu können, setzen Unternehmen auf Zukäufe. Innerhalb von fünf Jahren stieg der Wert umsatzgetriebener Scope-Deals mit einem Volumen von mehr als einer Milliarde US-Dollar weltweit um 50 Prozent. Im gleichen Zeitraum halbierte sich der Wert kostengetriebener, auf Skaleneffekte ausgerichteter Scale-Deals. Laut dem „Corporate M&A Report 2020“ der internationalen Unternehmensberatung Bain & Company machten Scope-Deals 2019 bereits fast 60 Prozent aller größeren Transaktionen aus, die lange dominierenden Scale-Deals kamen nur noch auf gut 40 Prozent (Abbildung). Die Studie beschreibt die Gründe für diesen fundamentalen Wandel und die wichtigsten Erfolgsfaktoren der neuen M&A-Ära.
Anhaltende Kauflust
Insgesamt ist das M&A-Geschäft 2019 stabil verlaufen. Weder die schwächere Konjunktur noch Handelskonflikte konnten die Kauflust der Unternehmen nachhaltig bremsen. Das Volumen strategischer M&A-Deals belief sich weltweit auf rund 3,4 Billionen US-Dollar und erreichte damit den dritthöchsten Wert der vergangenen 20 Jahre. Niedrige Zinsen und rückläufige Multiples erleichterten Kaufentscheidungen. Mit dem 12,5-fachen EBITDA bezogen auf den Unternehmenswert näherten sich die Multiples 2019 den historischen Durchschnittswerten.
Unsichere globale Rahmenbedingungen veranlassen allerdings viele Unternehmen, sich auf ihre Heimatmärkte zu konzentrieren. Das Volumen überregionaler Deals sank in den ersten neun Monaten 2019 um 31 Prozent, und ist damit bereits seit 2016 rückläufig. „Die Unternehmen scheuen grenzüberschreitende Transaktionen, wollen vielmehr in bekannten Märkten wachsen“, erklärt Bain-Partner Alex Dahlke. „Dabei ist es durch das überreichlich verfügbare Kapital zu niedrigen Zinsen in allen großen Wirtschaftsräumen möglich, selbst ehrgeizige Expansionspläne umzusetzen.“
Kompetenzerweiterung im Fokus
Unternehmen nutzen Zukäufe immer häufiger, um ihre Fähigkeiten auszubauen. Jede sechste Übernahme dient inzwischen dem Erwerb neuer Kompetenzen. Bei größeren Akquisitionen hat sich der Anteil von Übernahmen mit dem Ziel der Kompetenzerweiterung binnen fünf Jahren verachtfacht. „Dieser Trend wird sich weiter fortsetzen“, ist Bain-Partner Lars Dingemann überzeugt. „Denn 2019 war das Umsatzwachstum großer Unternehmen historisch niedrig. Deshalb suchen sie nach neuen Wachstumsmöglichkeiten, wohl wissend, welch disruptive Kraft innovative Technologien entfalten können.“
Bei Scope- wie Scale-Deals steigt die Gefahr, in Konflikt mit den Aufsichtsbehörden zu geraten. So scheiterte 2019 beispielsweise das geplante Joint Venture von Thyssenkrupp und Tata Steel am Veto der EU-Kommission. Dabei schauen die Regulierungsbehörden nicht mehr nur auf kartellrechtliche Kriterien, sondern beziehen auch Aspekte wie den ungehinderten Zugang zu Daten oder den Schutz nationaler Interessen in ihre Entscheidungen ein. Die Bundesregierung verschärfte bereits die Außenwirtschaftsverordnung, um mehr Mitspracherecht bei Firmenkäufen zu haben, die Unternehmen aus Nicht-EU-Ländern in Deutschland tätigen.
Mit moderner M&A-Strategie punkten
Die veränderten Rahmenbedingungen, die wachsende Bedeutung von Scope-Deals und der Einstieg in neue Geschäftsfelder verlangen von Unternehmen, ihr M&A-Strategie weiterzuentwickeln. Dabei sind vier Themen maßgeblich für den Erfolg:
- Screening. Noch konzentrieren sich viele Unternehmen bei ihren M&A-Aktivitäten auf die eigene Branche. Vorreiter dagegen beschäftigen sich branchenübergreifend mit neuen Technologien und Geschäftsmodellen.
- Due Diligence. Die meisten Deals scheitern bereits in der Prüfphase. Abteilungsübergreifende Teams und mehr Zeit für die Due Diligence helfen, die Kultur des Übernahmekandidaten besser zu verstehen und dessen Mehrwert deutlicher herauszuarbeiten.
- Integration. Geht es beim Kauf eines Unternehmens vor allem um den Erwerb neuer Kompetenzen, ist nach der Akquisition Fingerspitzengefühl gefragt. Wichtiger als die funktionale Integration ist es, gemeinsam wertsteigernde Strategien für die neue Einheit zu entwickeln.
- Desinvestitionen. Wer neue Wachstumschancen ergreifen will, muss sich von schwächeren Geschäftseinheiten trennen. Viele Unternehmen gehen Desinvestitionen nicht konsequent an und verschenken so Geld.
„Durch den Verkauf von Unternehmensteilen werden Kapital und Ressourcen frei, die den Wachstumsmotor Übernahmen erst richtig in Gang bringen“, sagt Bain-Experte Dahlke. Und er ergänzt: „Wer regelmäßig Unternehmen kauft und verkauft, erzielt im Durchschnitt merklich höhere Renditen.“