Pressemitteilung

Europas Bauwirtschaft sieht erste Anzeichen für Erholung
  • Hohe Inflation bei Material- und Arbeitskosten sowie Lieferkettenprobleme haben Branche 2023 und 2024 europaweit hart getroffen
  • Insbesondere Infrastrukturprojekte, Wohnungsrenovierungen und ESG-Investitionen dürften 2025 für langsame, aber kontinuierliche Belebung sorgen
  • Markterholung in Deutschland könnte sich aufgrund anhaltender makroökonomischer Unsicherheiten verzögern

Die Bauwirtschaft in Europa steht vor einer allmählichen Erholung. Sie profitiert von sinkenden Zinsen, fallender Inflation und einer vergleichsweise niedrigen Ausgangsposition nach zwei Jahren weitgehend rückläufiger Bautätigkeit. Das hat die aktuelle Ausgabe der Analyse „Buildings Blocks: Construction Indicator“ der internationalen Unternehmensberatung Bain & Company ergeben. In Deutschland dürfte sich die Markterholung demnach sogar bis voraussichtlich Anfang 2026 verzögern, da die hiesige Baubranche in den Vorjahren besonders stark unter den anhaltenden makroökonomischen Unsicherheiten gelitten hat.

Deutsche Bauwirtschaft schwächelt

„Die Bautätigkeit in Deutschland ist 2024 weiter gesunken, und das trotz langfristiger Nachfragetreiber und eines erheblichen Nachholbedarfs nach mehreren Jahren rückläufiger Marktentwicklung“, erklärt Bain-Partner und Branchenexperte Adrien Bron. „Gerade bezahlbarer Wohnraum ist gefragt, während die Leerstandsquoten, insbesondere in erstklassigen Lagen, niedrig bleiben.“ Der antizyklische Infrastrukturausbau erwies sich zuletzt als einziger signifikanter Wachstumstreiber, konnte die Schwäche im Wohnungsbau und in anderen Segmenten jedoch nicht ausgleichen.

Höhere Zinssätze in Verbindung mit einer schleppenden Konjunktur haben zuletzt die Unternehmens- und Privatinvestitionen in Deutschland gehemmt. Diese Entwicklung wurde noch verstärkt durch die sinkenden verfügbaren Einkommen infolge der inflationsbedingten Wirtschaftslage der letzten zwei bis drei Jahre. Auf der Angebotsseite wiederum haben Fachkräftemangel und Preissteigerungen bei Baumaterialien die Baukosten erhöht.

Langsame, aber stetige Markterholung erwartet

Laut der Bain-Analyse gibt es in Europa nun erste Anzeichen dafür, dass die Bautätigkeit im Jahresverlauf 2025 ihren Tiefpunkt erreichen könnte, da sich Zinssätze, der Arbeitsmarkt und die Kosten für Baumaterialien allmählich stabilisieren. Deutschland scheint von dieser Entwicklung jedoch weiter entfernt zu sein als andere wichtige europäische Märkte. Für den Zeitraum 2025 bis 2027 wird in Deutschland eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate (CAGR) von 0,5 bis 2,5 Prozent prognostiziert. Die Aussichten in anderen Märkten sind dagegen zum Teil deutlich positiver: In Frankreich wird ein Wachstum von 1,5 bis 3,5 Prozent erwartet, in Großbritannien von 2 bis 4 Prozent und in den nordischen Ländern – Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden – von 3 bis 5 Prozent.

Das prognostizierte Wachstum in Deutschland bleibt somit vergleichsweise gering, markiert jedoch eine Trendwende im Vergleich zum geschätzten durchschnittlichen jährlichen Rückgang der Bautätigkeit von minus 1,5 bis 3,5 Prozent im Zeitraum 2023 bis 2024. In den anderen von Bain analysierten europäischen Märkten fiel dieser zum Teil noch drastischer aus. So betrug das Minus im selben Zeitraum in Frankreich 6,5 bis 8,5 Prozent, in Italien 4 bis 6 Prozent, in den nordischen Ländern 3 bis 5 Prozent und in Großbritannien 1 bis 3 Prozent.

Infrastrukturausbau ist Hauptwachstumstreiber in Deutschland

Eine moderate Markterholung wird in Deutschland frühestens Ende 2025 bis Anfang 2026 erwartet. Sie dürfte vor allem durch das Wachstum in den Bereichen Infrastruktur, Wohnungsrenovierungen und ESG-Investitionen getrieben werden, wobei nicht zuletzt gesetzliche Vorgaben wie beispielsweise zur Energieeinsparung im Gebäudesektor eine zentrale Rolle spielen.

Insbesondere der Infrastrukturausbau wird voraussichtlich der wichtigste Treiber bleiben. Für diesen Bereich prognostiziert Bain in Deutschland im Zeitraum 2025 bis 2027 ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 1,5 bis 3,5 Prozent. Staatliche Investitionen sollen unter anderem in Ausbau und Modernisierung von Verkehrs- und Energienetzen fließen. Mittelfristig gewinnen darüber hinaus Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) weiter an Bedeutung.

Wohnungsneubau und ESG-Investitionen stehen im Fokus

Bain erwartet, dass der Wohnungsbau in den meisten europäischen Märkten in absehbarer Zeit wieder anziehen wird. Besonders dynamisch ist die prognostizierte jährliche Wachstumsrate im Zeitraum 2025 bis 2027 in den nordischen Ländern mit 6,5 bis 8,5 Prozent und in Frankreich mit 5 bis 7 Prozent. Großbritannien liegt mit einem Anstieg von 3 bis 5 Prozent im Mittelfeld, während Deutschland mit lediglich 0 bis 2 Prozent schwächer abschneidet. Im Gegensatz dazu wird hierzulande ein vergleichsweise spürbares jährliches Wachstum von 1 bis 3 Prozent im Bereich der Wohnungsrenovierungen erwartet.

„Die anhaltende wirtschaftliche Unsicherheit und die hohen Hypothekenzinsen begrenzen weiterhin das verfügbare Einkommen. Das behindert oftmals höhere Vorabinvestitionen, insbesondere für ESG-Aufwertungen“, betont Bain-Partner Bron. „Trotz dieser Einschränkungen werden ESG-Investitionen das Wachstum der Bautätigkeit in Deutschland fördern und die Renovierung, Sanierung und Modernisierung von Wohnungen, Büroflächen sowie Rechenzentren ankurbeln. Regulatorische Maßnahmen wie das Gebäudeenergiegesetz unterstützen diese Maßnahmen.“