Brief

Deutschlands Banken 2022: Im Auge des Sturms
de
Auf einen Blick:
  • Die Rendite erhöht sich zum zweiten Mal in Folge. Im vergangenen Jahr haben Deutschlands Banken ihre Eigenkapitalrendite auf 3,2 Prozent gesteigert
  • Wenn Banken nicht gegensteuern, droht ihre Rendite aufgrund von Inflation und Rezession jedoch mittelfristig wieder auf 1,6 bis 1,7 Prozent zu fallen
  • 7 bis 9 Prozent Rendite sind möglich, auch in diesem turbulenten Umfeld bis 2026, wenn Institute ihre Transformation forcieren und Geschäftsmodelle optimieren
  • Harte Wettbewerbsauslese liegt voraus. Je früher und konsequenter Kreditinstitute alle acht Stellhebel nutzen, desto mehr können sich von der Konkurrenz absetzen und ihre Rendite steigern

Während eines Tropensturms gibt es einen kurzen Moment trügerischer Ruhe, bevor das Unwetter erneut mit voller Wucht einsetzt. Im Auge des Sturms kann es sogar aufklaren. Übertragen auf die Kreditwirtschaft erscheint 2021 als das Jahr, in dem sich Deutschlands Banken genau dort befanden. Hinter ihnen lag ein stürmisches Jahrzehnt, geprägt von den Folgen der globalen Finanzkrise, von Euro-Turbulenzen, anhaltenden Niedrigzinsen und fortschreitender Digitalisierung. Nach anfänglichem Zögern steuerten die Banken mit Macht dagegen, doch der erhoffte Erfolg blieb in weiten Teilen aus. Die branchenweite Eigenkapitalrendite ist ungeachtet der Transformationsanstrengungen in den 2010er-Jahren unaufhörlich gesunken. Dagegen stieg sie 2021 zum zweiten Mal in Folge – und das gleich um 2,1 Prozentpunkte auf 3,2 Prozent. Damit wurde ein Niveau wie zuletzt im Jahr 2018 erreicht (Abbildung 1). Eine deutlich geringere Kreditrisikovorsorge im Vergleich zum Rezessionsjahr 2020 hat diesen Anstieg begünstigt.

Walter Sinn über die wichtigsten Ergebnisse der Studie "Deutschlands Banken 2022"

Der Provisionsüberschuss steigt um 17 Prozent auf 38,3 Milliarden Euro. Ihre traditionelle Abhängigkeit von zinstragenden Geschäftsfeldern konnten die Banken 2021 ein Stück weit verringern. Drei Faktoren trugen maßgeblich dazu bei: Das Wertpapiergeschäft belebte sich spürbar, die Branche vermittelte mehr Leistungen Dritter und die Abkehr von kostenlosen Bankenservices im Retail-Geschäft machte sich positiv auf der Ertragsseite bemerkbar. Die Zahl der Filialen sinkt um fast 9 Prozent. Nach den pandemiebedingten Schließungen haben sich viele Banken entschieden, Zweigstellen nicht wiederzueröffnen. Binnen eines Jahres ging die Zahl der Filialen um weitere 1.700 auf 18.600 zurück. Auch die Konsolidierung schritt voran: Die Zahl der Institute reduzierte sich um 4 Prozent auf knapp 1.440. Die Automobil- und Privatbanken führen Renditeranking an. Nahezu alle Institutsgruppen haben 2021 in puncto Profitabilität zugelegt, oft begünstigt durch eine geringere Kreditrisikovorsorge. Neben Automobil- und Privatbanken gelang auch dem genossenschaftlichen Spitzeninstitut der Sprung über die 7-Prozent-Marke.

Die drohende Rezession und Inflation gefährden jedoch die Erholung der Rentabilität. Steuern die Kreditinstitute nicht gegen, droht ihre Rendite branchenweit mittelfristig wieder auf 1,6 bis 1,7 Prozent zu sinken. Das hat die Bain-Analyse zutage gebracht. 

Abbildung 1

Rendite erhöht sich zum zweiten Mal in Folge

Renditen von 7 bis 9 Prozent sind machbar

Mit acht Stellhebeln können Deutschlands Banken ihre Profitabilität gemäß der Bain-Analyse dennoch deutlich verbessern. Dazu gehören der Ausbau des ESG-Geschäfts sowie von Ökosystemen, ein optimiertes Pricing, der vermehrte Einsatz von Web3-Technologien, die Fortführung der Effizienzprogramme, ein besseres Bilanzmanagement, die Bereinigung des Geschäfts- und Kreditportfolios und eine zügige Konsolidierung (Abbildung 2).

ESG und „Beyond Banking“ sorgen für Wachstum. Neue Ertragschancen bieten sich rund um die laufende Dekarbonisierung von Wirtschaft und Gesellschaft sowie mit dem Auf- und Ausbau von Ökosystemen. Letztere erleichtern es zudem, bestehende Kundenbeziehungen besser zu monetarisieren. Die Nutzung von Web3-Technologien bewirkt bis zu 25 Prozent geringere Kosten. Banken sollten auf der Kostenseite ihre Effizienzprogramme fortsetzen, Automatisierung und Digitalisierung beschleunigen sowie konsequent Web3-Technologien wie Blockchain oder Smart Contracts nutzen. Deren Einsparpotenzial liegt bei 25 Prozent im Firmenkundengeschäft und Investmentbanking sowie bei mehr als 10 Prozent im Wealth Management und im Retail-Geschäft.

Abbildung 2

8 Stellhebel zur Verbesserung der Profitabilität

Je früher und konsequenter Kreditinstitute alle acht Stellhebel nutzen, desto mehr können sich von der Konkurrenz absetzen und ihre Rendite steigern. Der Bankenmarkt bleibt umkämpft – in schwierigem Fahrwasser trennt sich die Spreu vom Weizen und die Wettbewerbskonsolidierung beschleunigt sich.

Über die Studie

Zum achten Mal wertet Bain & Company die Bilanz- und GuV-Strukturen der deutschen Kreditinstitute aus, von denen es 2021 hierzulande noch knapp 1.440 gab. Die Experten nutzen dazu Zeitreihen der Deutschen Bundesbank und der Europäischen Zentralbank (EZB) sowie die Datenbanken von Dun & Bradstreet und S&P Global. Der Zuschnitt der Institutsgruppen orientiert sich an der Klassifizierung der Deutschen Bundesbank. 

Markierungen

Möchten Sie mit uns in Kontakt bleiben?

Wir unterstützen Führungskräfte weltweit, die kritischen Themen in ihrem Unternehmen zu adressieren. Gemeinsam schaffen wir nachhaltige Veränderungen und Ergebnisse.