Pressemitteilung
Anders als Retail-Kunden sind Deutschlands vermögende Privatkunden mit den Leistungen ihrer Wealth-Management-Anbieter sehr zufrieden. Im Rahmen einer außergewöhnlichen Umfrage hat die internationale Managementberatung Bain & Company herausgearbeitet, was die gut betuchte Klientel an ihren Finanzpartnern schätzt, warum sie trotzdem offen für Alternativen ist und wie die Digitalisierung das Wealth Management verändert. Die Studie „Was Millionäre von ihrer Bank erwarten“ erläutert, mit welchen Ansätzen Finanzinstitute im harten Wettbewerb um diese spezielle Kundengruppe einen Vorsprung erringen können.
- Im Schnitt haben vermögende Privatkunden drei Bankverbindungen
- Die Kundenzufriedenheit im Wealth Management liegt weit über der im Retail-Banking
- Trotz hoher Zufriedenheit ist ein Drittel der Vermögenden wechselbereit
- Das größte Differenzierungspotenzial besteht beim Produktangebot, der Marke und in der Beratung
- Zügige Digitalisierung im Fokus: Mehr als die Hälfte fordert vereinfachten Zugang
In Deutschland gibt es mehr als 200.000 potenzielle Bankkunden mit einem frei verfügbaren Vermögen von mehr als einer Million Euro. Insgesamt summiert sich ihr Vermögen auf weit mehr als 500 Milliarden Euro. Doch schon seit einigen Jahren steht der einst attraktive und margenträchtige Wealth-Management-Markt unter Druck. Während das Ertragspotenzial kaum noch wächst, nimmt der Kostendruck vor allem durch den steigenden Wettbewerb und die verschärfte Regulierung signifikant zu. Die ausführlichen Befragungen von 531 Privatkunden von mehr als 20 Wealth-Management-Anbietern ermöglichen erstmals eine Gesamtsicht auf Bedürfnisse und Ansprüche der stark umworbenen Klientel und machen deutlich, wo Ertragspotenziale schlummern.
Bis zu zwei Drittel des Vermögens liegen bei der Erstbank
Die Vermögenden in Deutschland arbeiten im Schnitt mit drei Finanzinstituten zusammen. Die Befragten begründen die Diversifikation vor allem mit der Nutzung unterschiedlicher Kompetenzen und der Minimierung des Risikos. Immerhin 50 bis 70 Prozent ihres Vermögens vertrauen sie aber ihrer Erstbank an. „Im intensiven Wettbewerb fällt es den Banken zunehmend schwer, das gesamte Vermögen eines Kunden auf sich zu vereinen und alle denkbaren Leistungen vorzuhalten“, betont Dr. Nikola Glusac, Partner bei Bain & Company und Autor der Studie. „Oberstes Ziel der Wealth-Management-Anbieter muss deshalb sein, perspektivisch als Erstbank mit fokussiertem Angebot auskömmliche Erträge und attraktive Margen zu erwirtschaften.“
Die Leistungen ihrer Banken wissen die Vermögenden zu schätzen. Die Kundenzufriedenheit liegt mit einem NPS von 32 Prozent weit über dem vergleichbaren Wert im Retail-Banking, der sich auf vier Prozent beläuft. Bain misst die Kundenloyalität weltweit und über alle Branchen hinweg mit dem Net Promoter Score (NPS). Diese Kennzahl ergibt sich aus den Antworten auf die Frage: „Auf einer Skala von null bis zehn, wie wahrscheinlich ist es, dass Sie Ihre Bank einem Freund oder Kollegen weiterempfehlen?“ Die Antworten werden drei Kategorien zugeordnet. Dabei hat sich gezeigt, dass nur Werte von neun oder zehn für wirklich loyale und begeisterte Kunden stehen („Promotoren“), sieben und acht eher „passiv Zufriedene“ sind und Bewertungen von sechs oder weniger der Gruppe der „Kritiker“ zugerechnet werden müssen. Wird der Anteil der Kritiker von dem der Promotoren subtrahiert, ergibt sich der NPS.
Eine solch hohe Kundenloyalität hat enormen wirtschaftlichen Wert. Besonders loyale Kunden erwerben im Schnitt fast 50 Prozent mehr Produkte, arbeiten mit ihrem Anbieter 1,2 Jahre länger zusammen und empfehlen ihn drei Mal so häufig weiter (Abb. 1). Doch ungeachtet ihrer Zufriedenheit ist gut ein Drittel der Vermögenden wechselwillig. „Die Leistungen der Banken erscheinen vielen Befragten austauschbar“, so Wealth-Management-Experte Glusac. „Die Institute brauchen ein schärferes Profil und eine klare Positionierung.“
Das größte Differenzierungspotenzial bieten in den Augen der Kunden das Produktportfolio, die Marke, das Onlineangebot und die Expertise der Mitarbeiter. In der kumulierten Betrachtung indes erweist sich vor allem die persönliche Interaktion als erfolgsentscheidend. Im Durchschnitt fordern Deutschlands Millionäre alle zwei Monate einen Kontakt, wobei der Wunsch nach Beratung mit dem Alter ab- und mit dem Vermögen zunimmt. Wer mehr als fünf Millionen Euro frei verfügbares Vermögen hat, erwartet im Schnitt neun Kontakte pro Jahr. Im Gespräch folgen die meisten der Empfehlung ihres Beraters. 72 Prozent betrachten ihren Kundenberater als besonders wichtig für Produkt- sowie Anlageentscheidungen und schätzen insbesondere die Expertise bei der Asset Allocation und im Risikomanagement. Dass gute Leistung ihren Preis hat, ist den meisten Befragten bewusst: Nur 20 Prozent erwarten Preissenkungen. Die Mehrheit wünscht sich allerdings eine erheblich höhere Performance-Komponente in der Gebührenstruktur.
Digitalisierung fördert Autonomie der Kunden – und ist dennoch alternativlos
Auch vermögende Privatkunden wollen ihre Kapitalanlage über digitale Kanäle verwalten und mit ihrem Berater via Chat, Videotelefonie oder sozialen Medien kommunizieren. Hauptgrund ist der Wunsch nach mehr Convenience, sprich: einer bequemen Handhabung der Kapitalanlage. Fast 60 Prozent der Befragten fordern einen vereinfachten Zugang zu ihrer Bank, zum Beispiel über ein Download-Center für Berichte. Ein Drittel wünscht sich Excel-Datensätze oder eine App, um selbstständig Informationen auswerten und verarbeiten zu können (Abb. 2). „Je stärker Kunden ihre Unabhängigkeit zu schätzen wissen, desto größer wird die Versuchung, einen Teil des Vermögens eigenständig über Direktbanken oder andere Plattformen zu investieren“, stellt Glusac fest. „Dem können die Wealth-Management-Anbieter nur begegnen, indem sie die Digitalisierung rasch vorantreiben und ihre Kunden zugleich mit exzellenter Beratung binden.“
Das allein wird allerdings nicht ausreichen, um auf Dauer zu bestehen. Der Wettbewerb bleibt hart, der Kostendruck hält an. Wealth-Management-Anbieter müssen ihr Geschäftsmodell überprüfen und weiterentwickeln – zumal die Digitalisierung beträchtliche Investitionen erfordert. Optimale Wertschöpfungstiefe und -breite, effizientere Prozesse und Strukturen sowie ein passendes Betreuungsmodell und Produktangebot stehen dabei im Fokus. „Mut zu echter Kundensegmentierung ist gefragt“, erklärt Bain-Experte Glusac. „Es kann von Vorteil für ein Haus sein, sich mit ausgewählten Leistungen auf ein vergleichsweise kleines, aber hochattraktives Kundensegment zu konzentrieren.“ Doch auch hier gilt: Nur mit einem erstklassigen analogen und digitalen Angebot haben Banken eine Chance, ihre Position als bevorzugter Ansprechpartner für Vermögensfragen zu festigen.
Über die Studie
Die Studie basiert auf ausführlichen Befragungen von 531 Privatkunden von mehr als 20 Wealth-Management-Anbietern in Deutschland, darunter deutsche Großbanken, in- und ausländische Privatbanken, Sparkassen, Genossenschaftsbanken und unabhängige Vermögensverwalter. Die Befragten besitzen ein frei verfügbares Vermögen von mehr als einer Million Euro und stellen einen Querschnitt aller relevanten Wealth-Management-Anbieter, Altersgruppen und Vermögensklassen dar. Die Studie ermöglicht eine Gesamtsicht auf die befragten Kunden im Hinblick auf alle Finanzdienstleistungen. Sie schafft Transparenz über die genutzten Bankverbindungen, inklusive der Vermögensverteilung auf einzelne Anbieter, über die Produktnutzung sowie die Kundenzufriedenheit. Darüber hinaus konkretisiert die Studie die Ansprüche dieser besonderen Kundengruppe an Betreuungsintensität und digitale Angebote.
About Bain & Company
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