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Hohe Renditen, geringes Risiko: ESG-Finanzierungen rücken in den Fokus der Banken
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Auf einen Blick
  • Kredite und Anleihen, die an ESG-Projekte gekoppelt sind, erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Die Nachfrage nach ESG-Produkten steigt insbesondere im europäischen Firmenkundengeschäft.
  • Für Banken sind nachhaltige Finanzierungen zwar mit höheren Kosten für Prüfung und Reporting verbunden, doch diese werden durch deutlich niedrigere Risikokosten ausgeglichen.
  • Passende Produkte, kundenspezifische Beratung und die Einbindung von ESG-Finanzierungen in Gesamtkonzepte sind entscheidend, um in diesem wachstumsstarken Geschäftsfeld dauerhaft erfolgreich zu sein.

Die Finanzierung von ESG-Projekten (Environmental, Social, Governance) gewinnt im Corporate-Banking zunehmend an Bedeutung. So hat sich das Volumen ESG-gebundener Unternehmenskredite allein in Europa innerhalb von zwei Jahren nahezu vervierfacht – von 27 Milliarden Euro im Jahr 2017 auf 102 Milliarden Euro 2019 (Abbildung). Noch stärker war das Wachstum auf globaler Ebene. Zuletzt summierte sich das weltweite ESG-bezogene Emissionsvolumen auf 268 Milliarden Euro. Damit sind ESG-gebundene Kredite das Segment des Unternehmenskreditmarkts, das am schnellsten wächst. Und ein Ende ist nicht in Sicht: Das Wachstumspotenzial ist enorm.

Figure 2

European ESG-linked loans have been growing rapidly

Vor diesem Hintergrund ist es nur eine Frage der Zeit, bis nachhaltige Finanzierungen endgültig im Mainstream angekommen sind. Da sich Unternehmen immer höheren Erwartungen seitens ihrer Kunden ausgesetzt sehen, was Nachhaltigkeit, Ökologie und Ethik angeht, verankern viele diese Themen fest in ihrer Strategie. Von ihren Kreditinstituten wiederum erwarten sie passende Finanzierungslösungen. Damit erhalten auch Banken die Chance, sich strategisch neu zu positionieren und mit entsprechenden Produkten sowie Green Banking zu punkten. Lohn der Mühen ist eine stärkere Kundenbindung: In einem Net Promoter ScoreSM-Vergleich schneiden Banken mit einem überzeugenden Nachhaltigkeitsprofil deutlich besser ab als der Wettbewerb. Eine hohe Kundenloyalität wiederum wirkt sich positiv auf den Customer Lifetime Value aus und senkt die Kosten für die Kundenbetreuung.

Geringere Risikokosten

Allerdings sorgen Überprüfung und Verfolgung der Nachhaltigkeitsangaben der Kunden bei den Kreditinstituten zunächst einmal für mehr Kosten. Diese aber werden durch niedrigere Risikokosten ausgeglichen. So hatten die europäischen Mitglieder der Global Alliance for Banking on Values, einem Netzwerk von weltweit mittlerweile mehr als 60 auf Nachhaltigkeit spezialisierten Instituten, im Fünfjahresdurchschnitt Risikokosten von 25 Basispunkten. Im Vergleich zu den 25 größten europäischen Banken nach Vermögenswerten im Jahr 2019 entspricht dies Einsparungen von durchschnittlich 32 Prozent.

Damit gibt es offensichtlich einen Zusammenhang zwischen dem ESG-Engagement und dem Risikoprofil eines Unternehmens. Außerdem sind bei ESG-orientierten Firmen die Umwelt- und Betriebsrisiken oftmals geringer.

Führende europäische Banken haben das Thema Nachhaltigkeit schon früh für sich entdeckt. Sie berücksichtigen bereits seit mehreren Jahren ESG-Kriterien im Rahmen der Kreditrisikoprüfung – und beugen so Imageschäden vor, die die Finanzierung von Assets verursachen könnte, die nicht ESG-konform sind.

Eine Hürde ist aktuell das ESG-Reporting. Entstanden sind zahlreiche unterschiedliche Reportingrichtlinien, einen einheitlichen Standard für die ESG-Konformität von Unternehmen gibt es noch nicht. Um eventuelle Greenwashing-Vorwürfe zu vermeiden, sollten Kreditinstitute frühzeitig messbare Ziele in ihrer Strategie verankern und ihre Reportingprozesse darauf ausrichten.

ESG-Kompetenz unerlässlich

Banken rund um den Globus sind gefordert, ihre Kompetenz in Bezug auf ESG-gebundene Anleihen und Kredite schnellstmöglich auf- beziehungsweise auszubauen und insbesondere ihr Kreditgeschäft in diese Richtung zu entwickeln. Erfolgskritisch sind dabei drei Faktoren:

  1. Passende Produkte. ESG-gebundene Kredite müssen mehrere Bedingungen erfüllen. Dringend erforderlich sind klare Ziele und passende Kennzahlen, um die Fortschritte beispielsweise bei der Reduzierung von CO2-Emissionen zu messen. Unverzichtbar sind darüber hinaus einfache Monitoring- und Reportingprozesse.
  2. Kundenspezifische Beratung. Viele Unternehmen benötigen noch Unterstützung beim Thema ESG-Finanzierung. Insbesondere größere Firmenkunden sollten dabei von ausgewiesenen Spezialisten beraten werden. Bei kleineren Kunden lässt sich oft auf standardisierte digitale Lösungen zurückgreifen.
  3. Einbindung in Kundenerlebnisse. ESG-Finanzierungen sind nur ein Baustein bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien in Unternehmen. Bringen sich die Banken hier früh ein, können sie solche Kredite in Gesamtkonzepte einbetten und sich als strategischer Partner etablieren.

Je intensiver sich Kreditinstitute jetzt mit nachhaltigen Finanzierungen beschäftigen und je schneller sie in dieser Hinsicht fit werden, desto größer sind ihre Chancen auf einen dauerhaften Wettbewerbsvorsprung in einem wachstumsstarken und profitablen Geschäftsfeld.


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