In unserer Arbeit begegnen wir fünf Komplexitätsformen, die sehr stark miteinander zusammenhängen: Geschäfts-, Produkt-, Organisations-, Prozess- und IT-Komplexität. Die meisten Klienten wenden sich mit dem Auftrag an uns, das sichtbarste Komplexitätssymptom zu bekämpfen. Wir werden etwa um Unterstützung gebeten, die rasante Erhöhung der Zahl der Artikelpositionen zu stoppen, die für Chaos in der Lieferkette und im Vertriebskanal führt, oder einen übermäßig komplexen Prozess zu rationalisieren, der die Time-to-Market behindert. Wir haben eine Methode entwickelt, mit der sich jede Art von Komplexität bearbeiten lässt. Oft haben wir aber auch festgestellt, dass die Beseitigung der Grundursache des Problems Themen berührt, die außerhalb des ursprünglich in Augenschein genommenen Bereichs liegen.
Die Komplexität geht in einer großen Organisation häufig von den Knotenpunkten aus, an denen sich Geschäftsbereiche, Funktionen, geografische Regionen oder Managementschichten begegnen. Eine solche Knotenkomplexität stört die Handlungsfähigkeit erheblich. Jeder dieser Interaktionspunkte sorgt für zusätzliche Kosten und Chaos, die Aufmerksamkeit und Energien von Unternehmensleitung und Managern auf allen Ebenen binden.
Traditionelle Ansätze zur Senkung struktureller Kosten und zur Effizienzsteigerung eignen sich normalerweise nicht dazu, eine derartige Knotenkomplexität zu bewältigen. Die Situation hat aber auch ihr Gutes: Jeder Angriff auf die Knotenkomplexität erzeugt einen enormen Multiplikatoreffekt auf die Unternehmensperformance, weil er sich gleichzeitig auf alle Elemente auswirkt, die an diesem Knotenpunkt interagieren. Nach unserer Erfahrung erzeugt der Abbau von Komplexität an den Knotenpunkten den drei- bis vierfachen Wert im Vergleich zu traditionellen Right-Sizing- und Functional Excellence-Ansätzen.
Eine sinnvolle Möglichkeit, den Komplexitätsgrad Ihres Unternehmens zu analysieren und vorteilhafte Komplexität von geschäftsschädlicher Komplexität zu unterscheiden, besteht darin, gedanklich bei Null zu beginnen. Stellen Sie sich beispielsweise vor, Ihr Unternehmen würde nur ein Produkt oder eine Dienstleistung ohne weitere Optionen oder Varianten herstellen. Beispiel: Das klassische T-Modell von Henry Ford. Auch ein Hersteller mit nur einem Produkt würde eine Lieferkette benötigen, ein Produktionswerk, ein Vertriebsnetz und eine Vertriebs- und Marketingorganisation. Aber er könnte seine IT-Systeme, seine Distibutions- und seine Verkaufstätigkeiten und seine Prognoseverfahren enorm vereinfachen.
Hier geht es natürlich nicht darum, in die Zeiten des T-Modells zurückzukehren, das letztendlich doch der wesentlich größeren Vielfalt der Angebote von General Motors weichen musste. Es geht vielmehr darum, Ihre Kosten bei Null-Komplexität zu ermitteln und darauf aufbauend die Kosten zu analysieren, die mit zunehmender Vielfalt entstehen.
Ein Traktorenwerk bräuchte beispielsweise für ein oder zwei Modelle kein Planungssystem, wahrscheinlich aber für vier Modelle. Oft weist die Kostenkurve bei einem zusätzlichen Modell oder größerer Vielfalt einen großen Entwicklungssprung auf. Dann lässt sich ermitteln, ob ein solcher Sprung die zusätzlichen Kosten wert ist. Außerdem können die Vorteile der Innovation analysiert sowie der Kristallisationspunkt ermittelt werden, an dem eine bestimmte Innovation über das Ziel dessen hinausschießt, was sich die Kunden wünschen oder zu zahlen bereit sind.
Das T-Modell verkörpert also eine Perspektive auf Prozesse und Praktiken, die unnötige Komplexität außen vorlassen. Mit vergleichbaren Analysen können Diagnosen zur Geschäfts-, Organisations-, Prozess- und IT-Komplexität gestellt werden.